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Trump schießt reihenweise Eigentore zugunsten der Chinesen

27. März 2025 by Stephan-Götz Richter

Erschienen in Handelsblatt (URL) | Tagesspiegel (URL)

Der eigentliche Skandal der US-Administration ist nicht die Nähe zu Moskau. Mit seiner Inkompetenz überlässt Trump just China in wichtigen Bereichen das Feld.

Vorgeblich gilt die Maxime weiter, dass die USA unter Trump mehr noch zuvor als unter Biden alle ihre wirtschaftlichen und internationalen Anstrengungen auf den Machtwettbewerb mit China ausrichten wollen. Aber genau daran sind mittlerweile erhebliche Zweifel anzumelden.

Man muss sich vielmehr fragen, ob es sich dabei nicht um ein grandioses Täuschungsmanöver handelt. Vergleichsweise kotaut Trump weniger gegenüber Moskau als dass er durch seinen hektischen Aktionismus in vielen Bereichen zugunsten Pekings das Feld räumt.

Dabei ist mindestens seit dem desaströsen Agieren des Deutschen Kaiserreiches vor dem Ersten Weltkrieg klar, dass es bei jeglichem epochalen Kräftemessen mit einem „Hauptfeind“ sehr viel mehr auf wirtschaftliche und wissenschaftliche Faktoren denn auf rein militärische ankommt. Und genau hier schießt Trump reihenweise Eigentore zugunsten der Chinesen.

Wo Trumps Politik den Chinesen in die Hände spielt

Wenn er sich etwa von den erneuerbaren Energien verabschiedet, riskieren die USA, die industriestrategische Oberhand in diesem Bereich endgültig an die Chinesen abzutreten. Schon jetzt verfügen sie über Dominanz etwa bei Batteriefertigung und Batterietechnologie.

Noch ärger dürfte sich das ebenso Herumfuhrwerken der Trump-Administration am wissenschaftlich-technischen Komplex der USA auswirken. Die weltweit exzellente Reputation der National Institutes of Health (NIH) und der National Science Foundation (NSF) sowie deren seit Jahrzehnten klar belegte Leistung als Innovationsmaschine war den Chinesen schon lange ein Dorn im Auge.

Mit vielfältigen, von der chinesischen Regierung unterstützten Firmen und Instituten wie dem Beijing Genomics Institute (BGI) versuchen die Chinesen seit geraumer Zeit eine gezielte Aufholjagd. In ihrer Planung haben sie allerdings bis zum 20. Januar 2025 nicht auf dem Radar gehabt, dass eine US-Regierung ihnen dabei dermaßen in die Hände spielen könnte.

Dies gilt auch für das globale Reputationsmanagement im Bereich Softpower – ein weiterer von den Chinesen seit langem besonders argusäugig betrachteter Strategiebereich. Weltweit gibt es wenige Instrumente, mit denen die USA ähnlich positive Wirkung erzielt haben wie die Lebensmittelhilfe von USAID. Auch hier können die Chinesen ihrem Glück kaum trauen, dass sich Trump und Musk als Abbruchunternehmer betätigen.

Trumps Denken ähnelt dem des deutschen Kaisers Wilhelm II

Die schiere Inkompetenz in Trumps Handeln, die in einem antiquierten mechanistischen Auge-um-Auge, Zahn-um-Zahn-Denken verhaftet ist, kommt dem Denken Wilhelm II. im Vorfeld des Ersten Weltkriegs nahe. Wilhelms knabenhafte Fixierung auf die Marine und das Schiffezählen kam Deutschland und der Welt damals sehr teuer zu stehen. Der deutsche Kaiser verkannte völlig den Machtfaktor, der seinem Land damals bereits die ersehnte Überlegenheit gegenüber England verschafft hatte.

Illustration aus einem zur damaligen Zeit erschienenen Buch, dass die vermeintlich fatale Unterlegenheit des Deutschen Reiches gegenüber England beschreibt.

Denn im weltwirtschaftlichen Wettbewerb, wo die eigentliche „Schlacht“ geschlagen wird und Nationen langfristigen Wohlstand generieren, war das Deutsche Reich damals bereits hervorragend aufgestellt – das belegen Handels-, Produktions- und Infrastrukturstatistiken von damals nachdrücklich. Es ging ähnlich zielstrebig vor wie heutzutage China – nur bemerkte es seine eigene Überlegenheit nicht.

Im Unterschied zum deutschen Wilhelm ist Donald Trump nicht von Selbstzweifeln geplagt. Er glaubt felsenfest an seine persönliche Omnipotenz sowie verhandlungstaktische Brillanz.

China könnte Trumps größte Fehlkalkulation werden

Aber gerade deshalb könnte sich das Thema China als größte Fehlkalkulation der Politik der zweiten Trump-Administration entpuppen. Das gilt selbst im Vergleich zur äußerst kurzsichtig angelegten Neujustierung des amerikanischen Verhältnisses zu Europa sowie Trumps Anbiederung an die Interessen Putins und Russlands.

Die Chinesen sind nicht nur aufmerksame Beobachter der amerikanischen Selbstverstümmelung, sondern nutzen diese sehr strategisch. So hat die Führung der KP während der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses gerade einen weiteren Ausbau der Forschungs- und Entwicklungsetats verkündet.

Auch die traditionelle Hoffnung von US-Wirtschaftsstrategen, dass die chinesische Führung ihren privatwirtschaftlich organisierten IT-Konzernen dauerhaft enge Handschellen anlegen würde, schwindet. Xis vor kurzem erfolgte, öffentlichkeitswirksame Rehabilitierung der privaten chinesischen IT-Konzerne verdeutlicht das sehr anschaulich.

All das macht den kapitalen Fehler der USA unter Trump, sich zum Buhmann der Welt zu machen, noch fataler. Bis vor kurzem hätte niemand ernsthaft geglaubt, dass der bislang dominante nationale Sicherheitsapparat des Landes so schnell und so dramatisch ausgehebelt werden könnte.

Kategorie: In Print/Online Stichworte: China, Donald Trump, Handelsblatt, Tagesspiegel, USA

Stephan-Götz Richter

Stephan-Götz Richter ist Herausgeber und Chefredakteur von „The Globalist“, einem Online-Magazin für globale Ökonomie, Politik und Kultur.

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@ 38:43 — „Trump ist wie ein Stück Phosphor auf Wasser. Der weiss selbst nicht, wo er morgens landet, wenn er in den Swimming Pool rein geht. Der rast nur so drüber rum.”


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