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Donald Trump als der neue Sonnenkönig

7. Dezember 2024 by Stephan-Götz Richter

Erschienen in t-Online (URL)

Weit über den gemeinsamen unbändigen Drang nach Gold und Glitter sowie einem opulenten Lebensstil hinaus ist der Vergleich zwischen dem designierten US-Präsidenten mit Frankreichs König Ludwig XIV. als „Sonnenkönig“ auch politisch aufschlussreich. Insgesamt erfüllt Donald Trump sieben der zehn charakteristischen Merkmale, die Ludwigs Herrschaft und Rolle in der französischen Geschichte prägten.

Ja, ich weiß, Mar-a-Lago ist nicht ganz Versailles. Aber nicht nur in seiner Residenz in Florida beweist Donald Trump eine große Vorliebe für schrille, mit Gold überzogene Inneneinrichtungen.

Doch auch abgesehen von Designfragen und dem unbändigen Drang nach einem opulenten Lebensstil ist der Vergleich des designierten US-Präsidenten mit Frankreichs König Ludwig XIV. als „Sonnenkönig“ politisch recht aufschlussreich.

Wie ein schneller Einsatz des weltbesten KI-Tools deutlich macht, zeichnete sich Ludwig XIV. durch insgesamt zehn charakteristische Merkmale und Handlungen aus, die seine Herrschaft und seine Rolle in der französischen Geschichte prägten. Der Befund vorab: Donald Trump erfüllt im Wesentlichen sieben dieser Merkmale.

1. Absolute Macht

Ludwig XIV. gilt als die Verkörperung der absoluten Monarchie. Der französische König des späten 17. Jahrhunderts verstand sich als von Gott ernannter Herrscher, der über allen anderen Menschen stand, insbesondere auch über dem Gesetz.

Die gesamte Staatsgewalt lag in seinen Händen und er übte alle legislative, exekutive und judikative Gewalt aus.

Bewertung: Donald Trump ist noch nicht ganz so weit, aber das Machtgefüge Ludwigs XIV. entspricht weitgehend den Regierungsambitionen seines deutschstämmigen Pendants. Die Parallele passt also.

2. Zentralisierung der Macht

Ludwig XIV. zentralisierte die Verwaltung Frankreichs, indem er Provinzen und Städte von Beamten verwalten ließ, die vollständig vom König abhängig waren. Der Adel wurde seiner politischen Rechte beraubt, musste aber keine Steuern zahlen.

Bewertung: Auch das passt zu Trump. Auch wenn das Regierungssystem der USA – anders als das Frankreichs zur Zeit des Sonnenkönigs – wesentlich auf insgesamt 50 Bundesstaaten beruht, versucht er, dieses föderale System so weit wie möglich zu zentralisieren.

Was den heutigen „Adel“ der USA betrifft – die obersten 1 Prozent der Einkommensverteilung in den USA – so kann Herr Trump im Gegensatz zu Ludwig XIV. – die heutigen Milliardäre nicht vollständig von der Steuer befreien, aber er tut sein Möglichstes, um dem nahezukommen.

3. Schloss Versailles

Das Schloss Versailles, das als offizielle Residenz des Königs diente und Ausdruck seiner absoluten Macht und Pracht war, wurde zum Vorbild für viele andere Schlösser in Europa.

Bewertung: Passt. Trumps Residenz Mar-a-Lago ist ein zeitgenössischer Versuch, die Pracht von Versailles nachzuahmen. Aber trotz dessen Weitläufigkeit kann Trump in Florida natürlich nicht mit den 700 Zimmern und den prächtigen Gärten des Versailler Schlosses mithalten.

Immerhin verwendet Trump gerne Goldglitter, auch bei der Gestaltung des Trump Tower an der Fifth Avenue, aber es ist einfach eine geschmacklose und billige Imitation des Spiegelsaals im Schloss von Versailles.

4. Hofleben und Morgenritual

Das Leben im Schloss Versailles war geprägt von einem unvergleichlichen Kult um die Person des Königs. Ein Beispiel dafür war das öffentliche Morgenritual (‚Lever du roi“), bei dem mehr als 200 Personen, nicht nur Bedienstete(!), anwesend waren, um Ludwig zu huldigen.

Bewertung: Das trifft auf Trump ausnahmsweise nicht zu. Bei all seinem Stolz sowie aller Arroganz, Eitelkeit und dem Bedürfnis, ständig bewundert zu werden, ist dies ein No-Go-Bereich für den US-Präsidenten. Er wird oft als bakterienphober Mann beschrieben, der insofern wahrscheinlich Michael Jackson nahekommt.

Trump würde es selbst verabscheuen, wenn nur hochrangige MAGA-Republikaner („Make America Great Again“) sowie Großspender für die MAGA-Sache – der Adel der Trump-Ära – bei seiner morgendlichen Toilette anwesend wären.

Andererseits wäre das Hochziehen der Perücke als fester Bestandteil der morgendlichen Vorbereitung ein Moment, den Louis und Donnie gemeinsam hätten.

5. Förderung von Kultur und Wissenschaft

Während der Herrschaft von Louis blühten Kunst, Kultur und Wissenschaft auf. Er unterstützte bedeutende Künstler und gründete Akademien für Malerei, Bildhauerei und Wissenschaft. Dies diente auch als Machtinstrument, um die französische Aristokratie an den Hof zu locken und zu überwachen.

Bewertung: Das passt nicht. Trumps einfache Frage: Was sind Kunst, Kultur und Wissenschaft? Demgegenüber würde er die Veranstaltung von festlichen Bällen zu Ehren des amerikanischen „Königs“ im ganzen Land und sonstwo auf der Welt – etwa in Paris – als perfekte kulturelle Veranstaltung betrachten.

6. Militärische Expansion und Kriege

Ludwig XIV. führte viele Kriege, insbesondere gegen Österreich und das Haus Habsburg, um die Vormachtstellung Frankreichs in Europa zu sichern. Diese Kriege und die damit verbundenen Kosten belasteten den französischen Staatshaushalt schwer und trugen nach seinem Tod zur Verarmung des Landes bei.

Bewertung: Auch hier unterscheidet sich Trump in erheblichem Maße von Ludwig XIV. Seiner Meinung nach haben die Vereinigten Staaten genügend „heiße“ Kriege geführt, obwohl er durchaus Gefallen an einem harten Kalten Krieg gegen Chinas Xi Jinping findet.

Was den anderen Teil dieser Gleichung betrifft – die hohe Belastung des Staatshaushalts – hat Trump von seinem Kumpel Ludwig XIV. gelernt.

Trump will nicht nur keine kostspieligen Kriege führen, sondern auch seine Verbündeten für die Dienstleistungen bezahlen lassen, die ihnen das Militär der Vereinigten Staaten bietet („Ich will mein Geld zurück“).

7. Wirtschaftspolitik

Ludwig XIV. übertrug Jean-Baptiste Colbert die Verantwortung für die Wirtschaftspolitik, der den Merkantilismus einführte, um den Staatshaushalt zu stärken.

Bewertung: Passt, mit einem bemerkenswerten Unterschied: Um seine Rolle als Zentrum (zumindest) des amerikanischen Universums zu sichern, behält sich Trump die Rolle des wichtigsten wirtschaftlichen Entscheidungsträgers vor. In diesem Sinne ist Trump sowohl Ludwig XIV. als auch Colbert.

8. Super-Ego

Ludwig XIV. war davon überzeugt, dass er einen unendlich höheren Rang als der gesamte Rest der Gesellschaft habe, und sah seine Herrschaft als den Willen Gottes an. Sein berühmter Satz „Ich bin der Staat“, den er selbst nie ausgesprochen hat, spiegelt seine uneingeschränkte Macht und Selbstwahrnehmung wider.

Bewertung: Passt perfekt. Um größtmögliche Macht, Spaß und Aufmerksamkeit für sich zu erlangen, sucht sich Trump aus Eitelkeit und im Interesse der höfischen Unterhaltung viele Berater auf denselben Arbeitsgebieten aus. Trumps Plan ist, sie alle im Unklaren zu lassen, sodass er grausame Spiele mit ihren Egos spielen kann.

9. Lust

Ludwig XIV. war für seine Bewunderung für Frauen bekannt. Sobald der Frieden mit Spanien gesichert war, soll sich der König – so wird berichtet – „genommen“ haben, was ihm gefiel. Mit anderen Worten: Er hatte viele Mätressen. Offensichtlich hatte sein ausschweifender Lebensstil große Anziehungskraft.

Bewertung: Auch hier wieder aus Trumps Sicht eine nahezu perfekte Parallele. Für ihn spielen Berichte über die Eroberung von Frauen in seinem egozentrischen Leben seit jeher eine große Rolle, wohl um sein Ego zu stärken. Er hat nicht nur drei „Trophäenfrauen“ (aus seiner Sicht) geheiratet, sondern auch immer wieder öffentlich auf eine unendliche Anzahl von Affären verwiesen, um seine Vitalität und Männlichkeit zu beweisen.

10. Das Symbol der Sonne

Die Sonne war das zentrale Symbol der Regentschaft Ludwigs XIV. So wie die Sonne das Zentrum des Sonnensystems ist, sah er sich selbst als Zentrum Frankreichs. Dies spiegelte sich in seinem Motto und seiner Selbstwahrnehmung wider. Mit Blick auf sein persönliches Branding sorgte er auch dafür, dass die Sonne als Symbol auf prestigeträchtigen Objekten und offiziellen Dokumenten angebracht wurde.

Bewertung: Kein Zweifel, Donald Trump befindet sich in völliger Übereinstimmung mit der Weltanschauung des Franzosen aus dem 17. Jahrhundert. Wie Ludwig XIV. sieht sich Donald Trump als Mittelpunkt der Welt, wenn nicht sogar des Universums.

Und wie der französische König ist Trump sehr auf sich selbst als Marke bedacht. Er hat so gut wie jedes einzelne Produkt und jedes Immobilienprojekt, das ihm je eingefallen ist, mit seinem Namenszug versehen.

Gesamtergebnis

Bei sieben der insgesamt zehn Charakteristika der Herrschaft Ludwigs XIV. kann Donald Trump als der Schatten des Sonnenkönigs betrachtet werden.

Nachwort: Und die Welt fragt sich …

Für die Menschen in den Vereinigten Staaten und in der ganzen Welt stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle die Sonne in der Trump-Gleichung spielt: Wird Donald Trump als achtzigjähriger Ikarus enden, der das Staatsschiff der USA viel zu nah an die Sonne fliegt und damit den strengen Rat seines Vormunds Dädalus missachtet?

Der bisherige Lebenslauf von Donald Trump bietet wenig Trost, was die Verhinderung eines Absturzes angeht. So gelten seine Jugend und ein Großteil seiner Karriere als ewige Revolte gegen einen (zugegebenermaßen unterdrückerischen) Vater. Außerdem hat er in seinem Geschäftsleben viele Konkurse hingelegt.

Die Hoffnung sowohl für die Vereinigten Staaten als auch den Rest der Welt muss darin bestehen, dass insbesondere die Senatoren der republikanischen Partei in dem Bestreben erfolgreich sein werden, den alten Hitzkopf Donald Trump immer wieder in die notwendigen Schranken zu verweisen, damit das Land keinen Schiffbruch erleidet.

Kategorie: In Print/Online Stichworte: Donald Trump, t-Online, USA

Stephan-Götz Richter

Stephan-Götz Richter ist Herausgeber und Chefredakteur von „The Globalist“, einem Online-Magazin für globale Ökonomie, Politik und Kultur.

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@ 36:11 — „Trump hat ein Aufmerksamkeitsdefizit. Er ist nicht nur Egomane, sondern auch ein Narzisst obendrein. Dass heisst, ihm geht es nur um die Spielerei, und das ist eine ganz gefährliche Sache.”

@ 38:43 — „Trump ist wie ein Stück Phosphor auf Wasser. Der weiss selbst nicht, wo er morgens landet, wenn er in den Swimming Pool rein geht. Der rast nur so drüber rum.”


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