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Einreise in die EU: Russische Touristen müssen draußen bleiben!

Erschienen in t-Online (URL)

Deutschlands Geschichte aus der Nazi-Zeit verlangt von Olaf Scholz und seiner Regierung, die immer lauter werdende Forderung nach einem Ende der Touristenvisa für Russen zum Urlaub in EU-Ländern zu unterstützen.

Innerhalb der Europäischen Union nimmt ein längst überfälliger Schritt Gestalt an: das Verbot für Russen, Europa als Touristen zu besuchen. Dieser Schritt ist in einer Zeit, in der ihr Land nicht nur der Ukraine, sondern praktisch auch der EU selbst den Krieg erklärt hat, lange überfällig.

Herr Scholz ist dagegen

Doch der deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz, ist dagegen. Er befürchtet, dass „unschuldige“ Russen betroffen sein werden.

Deutsche Gegner der Maßnahme argumentieren auch, dass es wichtig sei, Russen weiterhin zu erlauben, nach Europa zu reisen, damit sie mit eigenen Augen aus europäischen Nachrichten-quellen sehen können, was in der Ukraine wirklich vor sich geht.

Beide Argumente sind nicht stichhaltig. Erstens reisen schätzungsweise nur 10 bis 15% der Russen, vor allem aus Moskau und St. Petersburg, überhaupt in den Schengen-Raum ein. Diese Menschen sind in der Regel wohlhabend, haben ihren Frieden mit Putin gemacht und wissen sicherlich, was in der Ukraine vor sich geht. Viele von ihnen bekennen sich zu Putins Vorgehen.

Es ist auch wenig wahrscheinlich, dass die meisten der anderen 85% der Russen nicht wissen, was vor sich geht. Sie mögen den Vorstellungen ihrer Führung über eine „spezielle Militär-operation“ Glauben schenken, aber es ist sehr schwer, nicht zu wissen, dass sich ihr Land in einem Krieg befindet.

Anders als in Nazi-Deutschland, wo Kurzwellenradios beschlagnahmt wurden und das Hören der BBC eine Straftat war, ist in Russland ein Großteil des Internets noch zugänglich.

Eine „Double Think“-Kultur

Russland hat sich in seiner Geschichte lange Zeit durch eine bedauernswerte Eigenschaft ausgezeichnet hat: Seine Führer erfinden alternative Realitäten und die breite Bevölkerung ist konditioniert, diesen Repräsentationen offiziell Glauben schenken.

Die Russen haben es sich dementsprechend seit langem zur Gewohnheit gemacht, in einer Welt des Doppeldenkens zu leben.

Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass selbst Russen, die seit langem im Ausland leben, zum Beispiel in den baltischen Ländern oder in Deutschland, dort immer noch demselben ja keineswegs nur sowjetischen Doppeldenken anhängen.

Sie sehen mit eigenen Augen sehr wohl, wie frei, wohlhabend und friedlich die EU im Vergleich zu Russland ist. Gleichzeitig gelingt es ihnen, der russischen Propaganda zu glauben, dass Europa Russland angreifen und erobern will.

Die russische Zivilgesellschaft beschützen?

Um Herrn Putin zu gefallen, wird von deutscher Seite auch behauptet, dass sich ein Tourismus-verbot für Russen sich negativ auf die russische Zivilgesellschaft auswirken würde.

Diese Behauptung, die schon früher, als es um Finanzsanktionen ging, als Argument ins Feld geführt wurde, entbehrt fast jeder Grundlage.

Tatsache ist, dass die meisten der – in absoluten Zahlen – wenigen Russen, die eine lebendige und mutige Zivilgesellschaft repräsentieren, entweder tot (d.h., von Putins Handlangern getötet), im Gefängnis, auf dem Weg ins Gefängnis, bereits im Ausland oder auf dem Weg dorthin sind.

Sich unter diesen Umständen gegen das Einreiseverbot zu stellen, wie es der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz vorschlägt, bedeutet nichts anderes, als Herrn Putin bei seinem Plan, die Ukraine zu schlucken, zu unterstützen.

Denn in Wirklichkeit hilft es dem russischen Diktator, russische Touristen in den Westen reisen zu lassen. Wenn gebildete Russen ausreisen, ist ein bequemes Ventil für Putin zum Ablassen von inländischem Druck.

Hat Deutschland nichts aus der Nazizeit gelernt?

Was den deutschen Widerstand gegen das Tourismusverbot so unhaltbar macht, ist die deutsche Geschichte. Wenn es eine Nation in Europa gibt, die angesichts ihrer Nazi-Vergangenheit wissen sollte, welche Verpflichtungen sie zu diesem Zeitpunkt hat, dann ist es offensichtlich Deutschland.

Aus dieser Geschichte kennen die Deutschen die heutzutage vor allem russische Kunst, so zu tun, als ob in ihrem Namen nichts Böses geschieht.

In den Hitlerjahren waren viele Deutsche Mitläufer des verbrecherischen Regimes ihres Landes, wenn nicht sogar aktive Unterstützer. Das Gleiche gilt heute für die meisten Russen.
Vor dem Hintergrund dieser Geschichte ist es unverständlich, wie jemand noch ernsthaft behaupten kann, dass es sich um „Putins Krieg“ handelt, wie Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, immer wieder behauptet. Wenn irgendeine Nation in der Lage – nein, verpflichtet – sein sollte, die Selbsttäuschung in dieser Behauptung zu erkennen, dann sind es die Deutschen.

Deshalb wäre die Regierung Scholz gut beraten, sich den Bemühungen um ein Ende der Touristenvisa für Russlandreisen anzuschließen. Andernfalls macht sie sich zu einem Mitläufer von Herrn Putin.

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