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Heiko Maas ist ein Habsburger!

Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem Artikel in Die Presse der dort am 17.8. unter dem Titel „Die Österreichisierung Deutschands“ erschienen ist.
Erschienen in Die Presse (URL)

These 1. Das habsburgerhaft-zahnlose „Schatz, Du wir müssen reden“ ist unter dem aktuellen deutschen Außenminister zur Essenz der deutschen Diplomatie verkommen.

These 2. Die SPD nutzt das deutsche Nazi-Erbe in der Gegenwart als ein Alleinstellungsmerkmal, dass es uns erlaubt, die Ausführung von echten militärischen Operationen unseren Verbündeten zu überlassen.

These 3. Dieses sich aus der Verantwortung stehlen ist für eine stolze sozialdemokratische Partei eine sehr spezifische Form der internationalen Solidarität.

These 4. Wie der polnische Außenminister Radek Sikorski 2011 so prägnant sagte: „Deutsche Macht fürchte ich heute weniger als deutsche Untätigkeit.“

These 5. Mit der Wirkungslosigkeit seines Redeunterfangens verzwergt sich Heiko Maas nicht nur sich selbst, sondern auch gleich die gesamte Außenpolitik der Bundesrepublik.

Früher sagte man mit Blick auf Österreich und seine Habsburger: „Tu felix Austria, nube!“ Andere Nationen mögen Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate! Mit anderen Worten: Mittels geschickter Heiratspolitik vermochte es die Habsburger Dynastie, ihre machtpolitischen Interessen an vielen Fronten zu wahren.

Obwohl das Konzept aus der Zeit gefallen ist, scheint es dem amtierenden deutschen Außenminister Heiko Maas als Maxime sehr zuzusagen. Er will zwar nicht heiraten, dafür aber immer und über alles reden – immer nur reden.

Die Anfangstage von Heiko Maas im Auswärtigen Amt, als er sich mutig gegen einen Kuschelkurs gegenüber Moskau aussprach und im Interesse von Völkerrecht, Menschenrechten und Demokratie klarere Kante zeigen wollte, sind mittlerweile seit langem vergessen. Aus Sicht der SPD-Fraktion und ihrer Ministerpräsidenten in Ostdeutschland war das der Anfängerfehler eines Übermütigen, den man inzwischen sachgerecht wieder eingefangen hat.

Die Maas´sche habsburgerhafte Maxime – zwar nicht zu heiraten, aber immer und überall auf ein „Schatz, Du wir müssen reden“ zu pochen – gilt für ihn als Universalmedizin. Durch Maas ist sie zur Essenz der deutschen Diplomatie verkommen.

Wie fruchtlos der Ansatz ist, zeigt sich gegenüber Sergej Lawrow, dem russischen Außenminister und Schlachtross der internationalen Außenpolitik der Gegenwart. Maas wird bei seinen Vorstößen ein ums andere Mal von Lawrow rüde abgekanzelt. Es gelingt ihm aus offensichtlichen Gründen nicht, auf russisch-imperialer Seite auch nur Spurenelemente einer Verhaltensänderung herbeizuführen.

Alles, was Maas und sein Auswärtiges Amt zu hören bekommen, ist: Man solle sich gefälligst nicht in die inneren Angelegenheiten Russlands einmischen. Das ist so, als ob sich die Russen innerhalb Europas ernsthaft in die Welt von vor der Schlussakte von Helsinki 1973 zurückbewegen wollten.

Wie aber steht es jenseits der Person des amtierenden deutschen Außenministers? Die ansonsten so durchsetzungsfähige deutsche Bundeskanzlerin glänzt in Sachen Iran, Syrien usf. durchs Wegtauchen. Auch das ist eine Form, die eigene Richtlinienkompetenz, auf die sie sonst so versessen ist, auszuüben.

Der SPD ist indes nicht nur der strategische Kompass, sondern mittlerweile auch der erforderliche realdemokratische Anstand abhandengekommen. Sie diffamiert das 2%-BIP-Ziel, das von demokratischen Bündnispartnern und mit Steinmeier und Gabriel von Außenministern ihrer eigenen Partei(!) als Selbstverpflichtung wiederholt beschlossen wurde, als unzulässige Unterwerfungsattitüde unter Donald Trump bzw. als Aufrüstungsetat.

Das wir dabei in Deutschland aktuell eine Bundeswehr haben, die von ihrer Infrastruktur her viel maroder ist, als dies selbst von der Deutschen Bahn aus den quasi täglichen Schlagzeilen bekannt ist, scheint in der SPD niemandem aufgefallen zu sein. Immerhin ist der Fuhrpark der Bahn nicht nur zu 10% nutzbar, wie dies beim Militär der Fall zu sein scheint. Dass es unter solchen Umständen eine Frage des Selbstrespektes und nicht der Kriegstreiberei ist, die Bundeswehr wenigstens wieder funktionsfähig zu machen, sollte sich eigentlich von selbst verstehen.

Besonders perfide ist das Manöver, vergangene Schandtaten rückwirkend zum eigenen Nutzen heranzuziehen. So ist es zur herrschenden Meinung in der SPD geworden, dass unser Nazi-Erbe uns anscheinend das unbedingte Recht gibt, uns nicht länger an Militärmanövern beteiligen zu müssen.

Mit anderen Worten: Wir nutzen den Faschismus der Vergangenheit in der Gegenwart als ein Alleinstellungsmerkmal, dass es uns erlaubt, die Ausführung von echten militärischen Operationen unseren Verbündeten zu überlassen. Das ist für eine stolze sozialdemokratische Partei freilich eine sehr spezifische Form der internationalen Solidarität.

Mit einem solchen, enorm selbstgerechten und vom Nazi-Erbe her gerechtfertigten Zweiklassenrecht werden wir bei unseren europäischen Nachbarn nicht viel länger reüssieren. Wie Radek Sikorski im November 2011 während seiner Amtsperiode als polnischer Außenminister so prägnant sagte: „Deutsche Macht fürchte ich heute weniger als deutsche Untätigkeit.“

Der SPD ist das alles egal. Für sie gilt: Außer Reden nichts gewesen. Mit der Wirkungslosigkeit seines Redeunterfangens verzwergt sich Heiko indes nicht nur sich selbst, sondern auch gleich die gesamte Bundesrepublik.

In einer Sache indes gibt sich die Partei wirklich ganz habsburgisch. Sie ist aktuell offensichtlich bestrebt, mit der außenpolitisch unbeschränkt moskautreuen Partei Die Linke eine Koalition zu bilden. Damit setzt man nun doch wie die Habsburger auf die Heiratspolitik, auch dies gewiss keine glücklich machende oder bereichernde Beziehung wird.

Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem Artikel in Die Presse, der dort am 17.8. unter dem Titel „Die Österreichisierung Deutschands“ erschienen ist.

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