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Trump: Wir wissen, wer der wahre „Bimbo“ ist

Erschienen in Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Neben der Absurdität, dass unter den Republikanern siebzehn Kandidaten ihren Hut ins Rennen geworfen haben, birgt das Vorspiel der amerikanischen Präsidentenwahlen 2016 einige Überraschungen. Wer hätte damit gerechnet, dass man geneigt ist, eine blondhaarige, attraktive Moderatorin ausgerechnet von Fox News zu verteidigen? Der Kanal ist so plump und rechtslastig, dass einem solches gemeinhin nicht in den Sinn kommt. Aber nicht nur Megyn Kelly, auch die anderen Fox-News-Moderatoren schlugen sich mit den Fragen, mit denen sie zehn Kandidaten grillten, wacker. Das überraschte, weil es um eine Vorwahl allein unter Republikanern ging und Fox News mit dieser Kohorte eng verbandelt ist.

Nach der Fernsehrunde steht eine Frage im Vordergrund: Ist Megyn Kelly, die Fox-Moderatorin, Donald Trump zu hart angegangen? Sie hatte ihm unter anderem sehr pointierte Fragen zu seiner Frauenfeindlichkeit gestellt. Bei dem Versuch, sie nach Ende der Veranstaltung in die Schranken zu weisen, zeigte Trump seine dünne Haut. Vor allem vergriff er sich im Ton. Er bezeichnete Megyn Kelly indirekt als „Bimbo“, indem er eine Kurznachricht eines Fans weiterleitete, die dieses Wort auf Kelly verwendete.

Dieser Begriff zielt auf Frauen, die ihr Aussehen zum Einsatz bringen müssen, um im gesellschaftlichen Geschehen zu punkten. Trump muss sich jetzt zu Recht mit dem Vorwurf des Sexismus auseinandersetzen. Dabei verfehlt diese Stoßrichtung der Kritik ihr Bestimmungsziel. Die Debatte erledigt sich schon dadurch schnell, dass Megyn Kelly eine scharf argumentierende Journalistin ist. Obendrein hat sie es geschickt verstanden, „The Donald“ die Schau zu stehlen. Das ist eine Leistung.

Was aber noch niemand richtig bedacht hat, ist die Etymologie des Wortes „Bimbo“. Genaugenommen geht es um die Missbrauchsgeschichte, die dieses Wort im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts erfahren hat und die es zu korrigieren gilt. Des Rätsels Lösung? Selbst ein bescheidenes Verständnis der italienischen Grammatik reicht aus, um zu verstehen, dass ein Bimbo etwas Männliches ist. Wir reden von keiner „Bimba“. Zudem entstand das Wort „Bimbo“ aus einer Kontraktion – in diesem Fall des Wortes „Bambino“. Dementsprechend wurde als Bimbo ein junger Knabe oder Kerl verstanden. Folgt man dem Oxford English Dictionary von 1919, mutierte dieser Bimbo bald zu einem „dümmlichen, mitunter brutal agierenden“ und eher „verachtenswerten“ Mann. Dies sind pikanterweise alles Attribute, die man Donald Trump zuschreiben könnte. Und wer je eine Episode der gerade ausgelaufenen Serie „Mad Men“ gesehen hat, wird ohne Umschweife akzeptieren, dass Donald Trump als rückwärtsgewandte Persönlichkeit erscheint. Er könnte – von seinem bombastischen Auftreten und Aussehen her – der männergeprägten Welt der Madison Avenue der sechziger Jahre entstammen.

Die falsche Frage

Bei seinen verbalen Schlachten im amerikanischen Vorwahlkampf vergreift sich Trump immer wieder. Während der Durchschnittsbürger bei einem echten Fauxpas – zumal vor laufender Kamera – dazu neigt zu erröten, kann Trump so etwas gar nicht passieren. Er ist permanent rosarot.

So erörtert die amerikanische Nation also gerade die falsche Frage: Es kann gar nicht darum gehen, ob Megyn Kelly ein Bimbo ist, sie kann es gar nicht sein. Donald Trump jedoch ist einer. Letztlich darf man für den Vorfall dankbar sein. Trumps Ausrutscher hilft, den Begriff „Bimbo“ von der fehlgesteuerten Verengung auf Frauen zu befreien. Und wenn wir schon in solchen Kategorien denken und reden wollen, sollten wir Trump gebührend zelebrieren – als den „Bimbo-Prinzen“ der Gegenwartsgeschichte.

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