stephan-g-richter.de

Steht das „C“ der CDU inzwischen für Chamäleon?

Erschienen in Der Standard (URL) | (PDF)

Warum das diffuse Selbstverständnis der CDU zunehmend zu einem strukturellen Problem der gesamten Bundesrepublik wird.

• Das „C“ im Namen der CDU sollte nicht länger als Abkürzung für das Wort „christlich“ stehen. Zutreffender wäre es, das „C“ fortan zur Kennzeichnung des Charakters der Partei als einem Chamäleon zu nutzen.

• Die zwischen rot und grün changierende CDU ist im vorvollziehenden machtpolitischen Gehorsam allzu bereit, die Färbung ihres jeweiligen politischen Partners anzunehmen.

Nun ist es also wieder da. Vor gut zwei Wochen hatten Greenpeace-Aktivisten unmittelbar vor dem CDU-Bundesparteitag das zwei Meter hohe „C“ entfernt, das normalerweise als Anfangsbuchstabe des CDU-Parteilogos an der Glasfassade der Parteizentrale prangt.Damit wollten sie öffentlichkeitswirksam auf das mangelnde Umweltbewusstsein der Partei aufmerksam machen.

Statt der nun erfolgten „Rückerstattung“ des Buchstabens wäre es freilich viel effektvoller und wahrheitsgetreuer gewesen, wenn Greenpeace das entwendete „C“ nicht als Buchstaben, sondern in symbolhafter Form retourniert hätte – und zwar mittels des zwei Meter großen Abbild eines Chamäleons.

Jesus, aka „Mr. C“, war kein Taktierer

Der Grund hierfür ist, dass die CDU das christliche „C“ in ihrem Parteinamen ja nicht nur bei dem Anspruch strapaziert, eine umweltorientierte Partei zu sein und sich so den Grünen anzudienen. Die CDU vollzieht diesen Akt, indem sie sich formelhaft zur Partei der Bewahrung der Schöpfung deklariert. Siehe auch das aktuelle Glaubensbekenntnis der CDU-Parteizentrale auf Twitter: „Das C ist keine Kosmetik, sondern eine Verpflichtung. Wir haben eine Verantwortung für die Schöpfung. Das ist Politik der Nachhaltigkeit, tief im C verwurzelt.“

Jenseits des „grünen C“ nutzt die CDU das christliche „C“ in ihrem Parteinamen sinnbildlich gesprochen auch noch sehr opportunistisch als ein „rotes C“. Um diese Wandlung zu legitimieren, setzt die Partei auf ihre Vereinnahmung der christlichen Nächstenliebe. Et voilà, schon existiert das ideologische „Cover“ für das stete Bemühen, sich der SPD anzudienen.

So kann man dann etwa die kürzlich erfolgte Grundrente-Entscheidung rechtfertigen. Dies geschah, obwohl die Grundrente-Entscheidung weder auf einem solide berechneten Finanzvolumen noch einer soliden Finanzierungsgrundlage beruht und vor allem ohne eine echte Bedürftigkeitsprüfung erfolgt. Die CDU riss also alle ihre eigentlichen (sozial)politischen Haltelinien. Eigentlich präsentiert sich die CDU als fiskalisch hochsolide und als Partei, die dem steuerfinanzierten Sozialstaat Grenzen setzen will.

Unter diesen Vorzeichen ist es kein Wunder, wenn Außenstehende das „C“ der CDU nur noch als Kleister betrachten, um immer von neuem den Fortbestand der Groko zu sichern.

Die CDU als perfektes Chamäleon

Bei einer Partei, die dermaßen bereitwillig und taktisch changiert, sollte das „C“ in ihrem Namen nicht länger als Abkürzung für das Wort „christlich“ verstanden werden. Für allseitig taktisches Verhalten war der prinzipientreue Christus ja nun wirklich nicht bekannt.

Zutreffender wäre es, das „C“ fortan zur Kennzeichnung des Charakters der Partei als einem Chamäleon zu nutzen. Diese sind für ihre Farbwechsel bekannt, unter anderem mit rötlicher Färbung, haben oftmals auch eine grüne Grundfarbe. Diese Farbwechsel erfolgen – laut Wikipedia – um die Bereitschaft zur Balz zu markieren. Zugleich sind Chamäleons für ihre Mimese bekannt, eine Verhaltensweise, die die „Nachahmung der Umgebung zur Tarnung“ bezeichnet.

Die Parallelen liegen auf der Hand. Die CDU ist im vorvollziehenden machtpolitisch-taktischen Gehorsam immer bereit, die Farben des jeweiligen politischen Partners anzunehmen. Von der Union als den „Schwarzen“ kann man insofern schon lange nicht mehr reden. Eher schon von den rosarot oder grün Eingefärbten.

Das deutet darauf hin, dass es unter Angela Merkel – neben der erstaunlichen Sozialdemokratisierung der CDU – auch zu einer fortschreitenden „Vergrünung“ der Partei gekommen ist. Leider hat sich letztere eher auf kulturelle Fragen (wie das Ende der Wehrpflicht, die gleichgeschlechtliche Ehe und die Öffnung der Grenzen) erstreckt.

In der Umweltpolitik hat sich die CDU unter Merkel dagegen vornehmlich auf großspurige Ankündigungen kapriziert und immer dann hart die Bremse angezogen, wenn es um die essentiellen umweltpolitischen Herausforderungen geht (insbesondere einen wirksamen CO2-Preis). Das ist umso kurzsichtiger, als es bei diesem Thema, wenn es richtig verstanden wird, ja eigentlich um eine enorme Innovationschance für die deutsche Industrie – und gerade auch den CDU-nahen Mittelstand – geht.

Die mobile Version verlassen