stephan-g-richter.de

Das Ende des Freihandels? Was Trumps Handelskrieg für uns bedeutet

 <img decoding=

Erschienen in ARD Presseclub

Donald Trump macht ernst mit seinen Zollplänen. Auf Stahl und Aluminiumimporte werden die USA ab Mitte März Schutzzölle erheben. Die deutsche Industrie, die Bundesregierung und die EU sind schockiert. Die EU hat bereits ihrerseits mit Importzöllen gedroht.

 

Was überrascht an Trumps Handelspolitik?

Stephan Richter:

Eine Überraschung ist, dass die US-Gewerkschaften, die bisher politisch zum linken Flügel der Demokraten gehörten, jetzt in einem sehr rechts angesiedelten US-Präsidenten ihren Hauptalliierten in der US-Handelspolitik sehen. Das ist etwas, das in Deutschland nie passieren würde.

Was wir Europäer bei Trump sehr viel stärker sehen müssen, ist, dass Politik bei ihm etwas sehr Instinktgetriebenes ist. Das kommt bei den Stahlarbeitern gut an, weil die sich entrechtet fühlen – und zu Recht. In deren berufliche Zukunft hat man lange Zeit nur sehr ungenügend investiert. Im Übrigen helfen da auch die Strafzölle nicht viel, was mehr Jobs anbelangt. Denn die verbliebenen Jobs sind allesamt in Fabriken, die hochgradig automatisiert sind. Wenn eine Firma da Hunderte von Millionen investiert, schafft sie mitunter nur 30 Arbeitsplätze.

Woran erinnert Trumps aktuelle Handelspolitik?

Stephan Richter:

Trump will allen Handelspartnern seinen Willen aufzwingen und das gesamte internationale Handelssystem zum reinen Nutzen der USA organisieren.

Es gab einmal ein Wirtschaftssystem, wo eine echte Hegemonialmacht an der Spitze der Pyramide stand und allen Beteiligten klar sagte, wer was wohin und zu welchem Preis liefert. Das war der COMECON. An dessen Spitze saß die Sowjetunion.

Im Verständnis von Donald Trump und seinen Wirtschaftsberatern ist Fairness das, was für die Amerikaner gut ist, Solange man aber nur wenig in die Berufsbildung der Menschen investiert, kommt da wenig für Durchschnittsverdiener wenig bei herum.

Die Trump-Leute stoßen sich übrigens gerade auch deshalb so an Europa und insbesondere an Deutschland, weil es hier eine soziale Marktwirtschaft gibt. Deren bloße Existenz ist für Arbeitnehmer in Pennsylvania ein ungutes Beispiel und stellt insofern eine Herausforderung an den Machtstatus Amerika dar, wo Arbeitnehmer sehr viel weniger Rechte haben.

Wie könnte es den Arbeitnehmern in den USA besser gehen?

Stephan Richter:

Das kriegt man nur hin, wenn man bessere Produkte hat. Die Deutschen sind ja nicht deshalb in den USA erfolgreich, weil wir ein Land mit Billigprodukten sind. Insofern geht auch der gern gemachte Vorwurf ”die machen Dumping” ins Leere.

Was den Handelsbilanzüberschuss angeht, so ist dies gerade bei Autos letztlich immer das Resultat einer Serie von fast unzähligen individuellen Kaufentscheidungen.

Wenn Trump jetzt sagt, wir Deutschen sollen mehr amerikanische Buicks kaufen, dann möchte ich ihn an Janis Joplin und ihren berühmten Song “Oh Lord, Please Buy Me a Mercedes-Benz” erinnern. Die Rockikone sang davon, dass alle ihre Freunde einen Porsche fahren und auch sie statusmäßig ein bisschen hochkommen möchte. Diese Neigung ist heutzutage insbesondere im Immobilienbereich, also in Trumps Stammindustrie, sehr verbreitet.

Wer keine besseren Güter hat und keine produktivere Arbeitnehmerschaft, der kann sich im Weltmarkt auch nicht per Dekret besonders durchsetzen. Dass ist die Tatsache, an der Trump und alle seine Berater nicht vorbeikommen.

Warum hat Trump Deutschland so auf dem Kieker?

Stephan Richter:

Zum Teil versperren wir uns gegenüber völlig legitimen amerikanischen Anliegen. Was zum Beispiel die Frage angeht, 2% des BIP für Verteidigung auszugeben: Yu einer Zeit, wo die deutsche Bundeswehr noch nicht einmal nach Basismaßstäben funktioniert, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, darauf einzugehen, schon in unserem ureigenen Interesse und unser Glaubwürdigkeit.

Wo hat Trump sonst noch rect?

Stephan Richter:

Es stimmt zwar, dass es bei Trump in allererste Linie immer um die Interessen der Familie Trump geht. Eine Tatsache haben wir alle übersehen. Was seine Strategie gegenüber China anbelangt, geht es ihm und seinen Beratern ja auch völlig zu recht um die Beachtung von “Intellectual Property.” Es geht auch um einseitig praktizierte Unternehmensaufkäufe.

Da sollten Europäer und Amerikaner, die westlichen Handelsmächte, gemeinsame Sache machen. Da ist falsch verhandelt worden damals bei der WHO-Aufnahme Chinas.

Redaktionelle Anmerkung: Der Gesprächstext ist auf der Basis des Mitschnitts der Sendung redigiert.

Die mobile Version verlassen