The Globalist

Daily online magazine on the global economy, politics and culture

Stephan-Götz Richter
Herausgeber und Chefredakteur
  • In Print/Online
  • Im Fernsehen
  • Im Radio
  • Datenschutz & Impressum

Rechtsruck in der AfD: Gaulands doppeltes Eigentor

April 25, 2017 by Stephan-Götz Richter

Left: blu-news.org/Wikimedia Commons
Right: Robin Krahl/Wikimedia Commons

Erschienen in Der Tagesspiegel.

Wenn man es nicht besser wüsste, müsste man aufgrund der aktuellen Entwicklungen innerhalb der AfD eigentlich davon ausgehen, dass Alexander Gauland von Seiten der CDU als ein Langfrist-Transplantat in die AfD hineingepfropft wurde.

Denn die entschiedene Abkehr des AfD-Parteiapparates von Frauke Petry, die einen vermeintlichen Realo-Kurs propagiert hatte, dient ja politisch hauptsächlich einer Person: Angela Merkel.

So frustriert viele Konservative innerhalb der CDU mit dem Kurs der Bundeskanzlerin und Parteichefin Merkel über die vergangenen 15 Jahre inzwischen sind, sind sie doch nicht bereit, einen rechtsradikalen Verein wie die AfD zu wählen.

Auch wenn Alice Weidel, die neue Frontfrau, bemüht sein wird, dem Schwein Lippenstift aufzutragen: Bei der nun auf stramm rechten Kurs gebrachten AfD kann es ja bezüglich der politisch anrüchigen Orientierung beim besten Willen für keinen Menschen mehr irgendeinen Zweifel geben.

Ganz so, wie der AfD-Wahlverein einen strammen Marsch nach rechts – im wesentlichen “Heim ins Reich” – vollzieht, so wird sich ein erheblicher Teil derer, die sich in Meinungsumfragen bisher zur AfD bekannten, nun in eine andere Richtung bewegen. Sie werden “Heim zu Mutti” gehen, also im September mit großem Zähneknirschen Angela Merkel wählen.

Denn unter den aktuellen Vorzeichen noch AfD zu wählen, das hat nun für die meisten Menschen, sogar im konservativen Lager, etwas enorm Anstößiges an sich. So lange Frauke Petry oben stand, konnte man diese dunklen Gedanken wegwischen. Auch wenn der konservative Wähler selbst da, angesichts von Petrys nationalistisch, völkisch geprägten Denken schon Augen und Ohren fest verschließen musste.

Warum lässt sich aber die AfD auf diesen solchen selbstzerstörerischen Kurs ein? Dies gilt umso mehr, als Alexander Gauland bekanntermaßen einen abgrundtiefen Hass auf die CDU, seine alte Partei hat. Da verbietet es sich ja eigentlich, der CDU Wähler in die Arme treiben zu wollen.

Auch müsste man eigentlich davon ausgehen, dass Männer wie Alexander Gauland und Jörg Meuthen als Politiker ja auch Machtmenschen sind. Dass sie nun den scharfen Rechtsruck vollzogen haben, kann ja nicht allein auf der Tatsache basieren, dass sie es in ihrem Selbstverständnis nicht länger ertrugen, mit einer Frau als Vorsitzende der AfD die öffentliche Bühne teilen zu müssen.

Das offiziell vorgetragene Argument, Fundamental­opposition machen zu wollen und sich in keiner Weise auf eine Zusammenarbeit mit den “Systemparteien” einzulassen, hat im deutschen historischen Zusammenhang mit Blick auf die 1920er und 1930er Jahre etwas hoch Befremdliches an sich.

Darauf zu warten, bis sich das Volk auf die AfD als neue Mehrheitspartei Deutschlands einschwört, ist ebenso naiv wie weltfremd. Unter anderem verkennt es die Fähigkeit der Volksparteien, wenn auch spät, dem Volk auf das Maul zu schauen. Dieser Prozess ist ja bereits im Gange.

Gauland und Meuthen sollten eigentlich klug genug sein, um zu sehen, dass die von ihnen nun vollzogene Wende nach stramm rechts keineswegs dem Stimmenfang dient.

Ihr vermeintlicher Schachzug, Frauke Petry abzufertigen, hat einen hohen Preis. Das Votum auf dem Kölner Parteitag verdeutlicht, wie stark die AfD inzwischen von vielen Ultrarechten vereinnahmt worden ist. Diese sind bislang im Windschatten von NPD, DVU und Republikanern gesegelt, outen sich nun aber immer ungenierter als Unterstützer der AfD. Hingegen hat sich für die AfD der Zulauf von Seiten der CDU- und SPD-Wähler spürbar vermindert.

Gauland und Meuthen haben dies wohl erkannt und haben sich im parteiinternen Streit gegen Frauke Petry deshalb entschlossen, zum Sprecher der Ultrarechten zu werden. Was sie dabei verkannt haben, ist, dass sie in dem Band, was sich von Bernd Lucke zu Petry spannt, die nächsten sein werden, die man abservieren wird.

Filed Under: In Print/Online Tagged With: Deutschland, Der Tagesspiegel, AfD

Stephan-Götz Richter

Stephan-Götz Richter ist Herausgeber und Chefredakteur von "The Globalist", einem Online-Magazin für globale Ökonomie, Politik und Kultur.

Bio | Hi-res foto | Kontakt

Stephan-Götz Richter in Medien: Frankfurter Allgemeine Zeitung | Handelsblatt | Manager Magazin | Neue Zürcher Zeitung | Der Spiegel | Der Tagesspiegel | Cicero | Die Welt | Die Zeit | Süddeutsche Zeitung | Wirtschaftswoche | Focus | Die Presse | Die Tageszeitung | Der Standard | ARD Presseclub | ZDF

Aktuelle TV-Auftritte

ARD Presseclub | June 7, 2020
Supermacht in Aufruhr – Wohin steuern die USA?
Videoclip 1 go to video | transcript

ARD Presseclub | June 7, 2020
Supermacht in Aufruhr – Wohin steuern die USA?
Videoclip 2 go to video | transcript

ARD Presseclub | June 7, 2020
Supermacht in Aufruhr – Wohin steuern die USA?
Videoclip 3 go to video | transcript

ARD Presseclub | January 5, 2020
Wie lange hält das deutsche Jobwunder?Go to video | transcript

ARD Presseclub | July 21, 2019
Presseclub: “Merkels Matriarchat – Befreiungsschlag für die CDU?
Go to video | transcript

ARD Presseclub | April 14, 2019
Brexitdrama ohne Schlussakt – Schlechte Wahl für Europa?
Go to video | transcript

ARD Presseclub | Nov 11, 2018
Die Kongresswahlen in den USA – Erfolg oder Niederlage für Trump?

ARD Presseclub | März 11, 2018
Das Ende des Freihandels? Was Trumps Handelskrieg für uns bedeutet


ZDF-Morgenmagazin
| Nov 11, 2017
Presseschau mit Stephan Richter


ZDF-Morgenmagazin
| May 11, 2017
Presseschau mit Stephan Richter


ARD Presseclub
| Aug 7, 2016
Polit-Pöbelei: Wieviel Trump verträgt die Welt?

@ 36:11 — „Trump hat ein Aufmerksamkeitsdefizit. Er ist nicht nur Egomane, sondern auch ein Narzisst obendrein. Dass heisst, ihm geht es nur um die Spielerei, und das ist eine ganz gefährliche Sache.”

@ 38:43 — „Trump ist wie ein Stück Phosphor auf Wasser. Der weiss selbst nicht, wo er morgens landet, wenn er in den Swimming Pool rein geht. Der rast nur so drüber rum.”


ZDF-Morgenmagazin
| Jan 31, 2017
Presseschau mit Stephan Richter


ZDF-Frontal 21
| Feb 14, 2017
Der Rechtsruck wird viele Jahre dauern

Im Radio

Bayern 2 Radio | Feb 8, 2017
Diskussion mit Stephan Richter

Follow The Globalist

Follow Us on FacebookFollow Us on TwitterFollow Us on AppleFollow Us on Android

Receive updates for new articles